Und wieder muss ein Club den Fronten der Gentrifizierung in Berlin weichen. Dem Icon im Prenzlauer Berg wird zum 01.01.2011 die Konzession aufgrund mehrfacher Anwohnerbeschwerden, über nicht etwa zu lauter Musik, nein, sondern wegen zu vieler Menschen auf der Strasse, entzogen. Klar, ist doch logisch! Menschen auf der Straße, sowas darf es doch nicht geben und wenn dann nur in „Begleitung“ von Kindern und das im Prenzlauer Berg ja sowieso. Da ist es quasi schon Gesetz ein Kind zu haben oder zumindest eine Melone im Bauch vor sich her zu tragen, sonst wird man in „Pregnancy Hill“ gar nicht mehr reingelassen. Vielleicht sollten Bürgersteige auch gleich zu Kindersteige umbenannt und Kulturhäuser zu Kindergärten umgestaltet werden. Nun ja und so ist eben auch in der Ecke des Icons, wo direkt nebenan ein Neubau für „modernes Wohnen“ eingepflanzt wurde und der Club seit eben jenem Geschehen dem Bezirksamt ein Dorn im Auge ist. Eine ähnliche Story gab es im Prenzlauer Berg schon vor ein paar Monaten: Der Magnet-Club macht dicht wegen „sukzessiver Lärmbelästigung“ und der Knaack-Club, 100 Meter weiter, muss aufgrund der Nachbarbeschwerden seine Konzerte bis 23 Uhr beendet haben. Was ist bloß aus dem guten Alternativbezirk geworden? Die Hausbesetzer-Bewegung in der Kastanienallee ist schon lange von dannen gezogen, die kulturelle Vielfalt des Mauerparks längst nicht mehr das was sie mal war, vielmehr ist dieser wegen Luxusgwerbeflächenverkauf vom Aussterben bedroht und die Schwaben-Mafia hat sich mittlerweile vollends im „Szenebezirk“ eingenistet. Ich wohne seit vielen Jahren hier und kann nur traurig zusehen wie Haus für Haus saniert, Mietspiegel erhöht (wobei es diesen hier gar nicht zu geben scheint und Vermieter willkürlich mit Zahlen jonglieren und die Familien dennoch in die Maisonettenwohnungen einziehen oder sie gar kaufen) und Yuppies mit Kusshand empfangen werden. Ich laufe am Helmholtzplatz an Spielplätzen vorbei, wo Kinder an der Rutsche anstehen, Muttis ihre Brüste für ein transparentes Miteinander raushängen lassen und Latte-Macchiato-Gesichter mich entsetzt ansehen wenn ich bei Rot über die Ampel gehe oder meine Zigarette auf den Asphalt werfe. Selbst mein Hund fühlt sich nicht wohl. Denn statt anderer Hunde gibt es nur zahlreiche Kinder zum gemeinsame Stöckchen holen und die kann er einfach nicht leiden. Ich sehe darin keinen Angriff sondern einen Hilferuf und Hunde können ja bekanntlicherweise nicht rufen. Also mach ich das: Hilfe!
“ dem guten Alternativbezirk “ Veränderung gehört nun einfach mal zu einer stadt. Genauso wie du heute deinem „guten alten“ p-Berg nachtrauerst haben das vor dir schon die leute in mitte und X-Berg gemacht und überraschung überraschung trotzdem hat sich wenige meter weiter was neues entwickelt. Neukölln, wedding sind doch zur zeit genau im selben stadium wie der p-berg den du so vermisst, nur das du dich jetzt halt ein paar schritte mehr bewegen musst.
Sieh es doch mal von der positiven seite, die ganzen hipster die nun auf Family geben dir nochmal die chance dich nach alternativen umzuschauen. „Stillstand heißt Tod“ sang mal ne band die mir gerade nicht einfallen will. Und mal so neben bei so gut war/ist es im pberg auch nicht. Magnet und icon sind doch schon länger kindergärten aka hipsterschulen gewesen da tat die lärmbelästigung auch mal gut. Und hast du nicht letztens noch geschrieben, das dir der neue magnet so gut gefällt? Der wäre ohne die spießigen nachbarn wohl nie umgezogen und das ranzsofa würde immer noch in der ecke stehen ;)
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veränderung ist super, keine frage! aber nicht indem sie aus kapitalistischen grundsätzen resultiert und subversive attribute in kultur und freizeitglauben mit sich bringt, denn das trägt eher zur negation bestimmter bezirke bei. es handelt… sich ja nicht nur um pberg in diesem sinne, sondern ebenso um viele andere ecken in berlin. nur kann ich es hier besonders gut beobachten, weil ich nun mal hier wohne und natürlich geb ich dir recht, dass es sich um einen prozess handelt, der von wandlungen geprägt ist: „forever is an illusion“ und das belibt hoffentlich auch weiterhin so… denn sonst stagnieren wir in unserem sumpf. und das will ich ja genauso wenig wie du oder sonst wer. der umzug des magnets hat auch viele veränderungen mit sich gebracht, die ich nicht bemängele. aber erinnerungen an den alten club will ich trotzdem nicht missen und my personal place is also „kept in my heart“.
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