Time For Heroes

„The Good Old Days“ wie „The Libertines“ mit ihrem graziösen britischen Charme einst ausgelassen durch die Räume schallen ließen, sind eigentlich längst vorbei, doch seit Pete Doherty und Carl Barât im März diesen Jahres ihre Reunion bekannt gegeben haben, sind sie zwar mehr oder weniger im richtigen Leben angekommen, aber nicht ins alte Rockerröhren- Business zurückgekehrt.

Besonders Carl hat einen enormen Wandel durchgemacht oder zumindest ist es so, dass der Wandel in ihn gekehrt und bis in die Knochen gekrochen ist, um nicht zu sagen, er hätte seine Seele an den Teufel verkauft… Aber das wäre übertrieben, vorab bedarf es dazu eines Blicks in die Musikerbutze: Zusammen mit dem Sänger/Songwriter Neil Hannon, Kopf der Band „Divine Comedy“, hat Carl das Pop- Türchen mit Instrumental- Klinke geöffnet, wobei er allerdings weder an Glaubwürdigkeit noch an Eloquenz verloren hat. Er selbst beschreibt seine neue Platte als: „klavierlastig, reduziert und erwachsen.“ Und nun ist er auf Promo- Tour und macht sich stark im Alleingang. Ohne Pete. Doch trotzdem sahen wir es als ein Solo- Konzert mit zwei Köpfen, wobei auch die „Dirty Pretty Things“, „Libertines“ sowie „Babyshambles“ mit voller Montage auf der Bühne standen, ohne überhaupt den Saal betreten zu haben. Vorerst, denn gemeinsam treten sie, zumindest Pete und Carl, mal hier und dort auf und lassen bei ein paar Großevents die Kassen klingeln. So ist die Rente nebenher eben auch schon mal gesichert. Gerade Pete darf man es nicht übelnehmen, er hätte schon spätestens als Teenie den Zeitungswisch, den er austragen sollte, doch erst mal versucht zu rauchen, bevor er überhaupt auf die Idee gekommen wäre, diesen in den Briefkasten seiner Nachbarn zu werfen. Damit wäre allen schon damals eine Menge Blödheit von der Yellow Press erspart geblieben. Deswegen lieben wir ihn doch. Who the Fuck is Celebrity?

Und wahrscheinlich ist es gerade das, wonach sich die Menschen gesehnt haben, nach dem Neuanfang rüpelhafter und verrückter Musiker, die quasi den tragischen Helden im bürgerlichen Trauerspiels verkörpern und sich daraufhin ihre Identifikationsbasis geschickt neu zusammenschustern, aber ihr wohlverdientes Imagebewusstsein dennoch davon unberührt lassen. „Vater werden“ trägt ja bekanntlicherweise auch dazu bei. Carl erwartet demnach mit seiner Freundin Edie Langley derzeitig einen Sohn. Nun haben wir auch die Lösung, die Carl uns kurzerhand in den Mund legt: „Wenn du den Glauben an Liebe und Musik verlierst, und das hatte ich in der Vergangenheit, dann passieren schlechte Dinge. Aber jetzt funktioniert beides wieder, ich habe Liebe und Musik im Überfluss.“
Ach ja, Love and Music, diese beiden Streithähne, führen immer zu Veränderungen, neuen Dimensionen und… Emotionen. Deswegen halte ich kurz meine Klappe und vergieße eine Träne. Schluchz. Einer hat es geschafft, der andere noch nicht. Mal sehen was aus unserem bewunderswert kaputtgefeierten Pete noch wird. Kate Moss hat er überlebt, den Zusammenbruch seiner Band(s) hat er überlebt, den „Forever 27“- Club überlebt er schon seit vier Jahren… Das Pete- Steh- Auf- Männchen überlebt auch alles andere! Ich bin zuversichtlich. Ohne seine Brillianz und seinen Wahnsinn wäre meine „Weltanschauung“ nicht mehr das, was sie sein sollte und ich würde die Menschen wahrscheinlich überhaupt nicht mehr verstehen, weder Sprache noch Verhalten.

„Die Vergangenheit macht uns zu dem wie wir sind. Wir versuchen in der Welt zu agieren und auf sie zu reagiern. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht, der blaue Flecken hinterlässt. Die Zukunft sollte uns helfen, die Wunden zu vergessen und sich dem Bösen zu entziehen… Das macht sie aber nicht.“

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