Ich weiß noch als ich dreizehn war. Da ging das Leben grad so richtig los, zumindest in meinem Kopf und was die soziale Bypass-OP um mich herum betraf, da hatte die ganze Familie was von.
Der Supermarkt, der uns krampfhaft köstliche Kirschliköre eigens in der Lagerhalle dank Überstunden eines nicht allzu ernstzunehmenden Angestellten zubereitete, war die Rettung aller jugendlichen Universen im Betonblock.
Tagsüber verkrochen wir uns dutzendweise in viel zu kleinen Familienwohnungen und ließen den Amiga heiß laufen, bis die Siedler sich vor uns versteckten.
Oder wir kochten Spülmittel mit Reisbeuteln, bis der Topf explodierte. Oder wir aßen Zimt. Einfach nur, um zu gucken was so passierte. Letzteres hatte meist einen übernatürlichen Erguss des Mageninhalts von Kirschlikör und den letzten drei Wochen Nahrungszufuhr zur Folge.
In gewisser Hinsicht habe ich mich mit 13 erst selbst kennengelernt (ja, auch mein Inneres), aber das müssen wir alle irgendwann einmal. Und lieber früher/später als nie.
So auch das Jahr 2013, das ganz harmlos mit der Zubereitung einer Kirsch-Wodka-Bowle für den Nachbarschaftstreff im „Kleine Elfen helfen“-Verein, einer Benefizveranstaltung meiner Oma zum Neujahrsempfang, im Kreis der Familie und alter Freunde stattfand.
Dieser jährlich zum 01.01. daherkommende Besäufnis-Auftakt ist natürlich immer wieder aufs Neue unfassbar günstig für eine gemütliche Runde im Grünen mit Hund und Katz gelegen. Da macht meine Oma keinen Hehl draus, da kann selbst der Opa nur debil grinsend nicken und sich dem Gesäusel der lieblichen Stimme seiner kettenrauchenden Frau beugen.
Um 10 Uhr hatte der Wecker bereits 100 mal geklingelt, um mich aus dem Konfetti-Bett zu werfen. Um 11 Uhr hatte ich noch 10 Minuten, um mich von der Jägermeister-Infusion abzuklemmen und im Turbo-Modus an das Phänomen Licht zu gewöhnen. Um 12 Uhr musste ich mit allen Körperteilen bei meiner Oma erscheinen.
Auf dem Pfandfinder-Weg ins „Kleine Elfen helfen“-Paradies begegnet mir so gut wie niemand. Nur ein paar abgebrannte Raketenwerfer und jede Menge Kompost, der seine Tage schon hinter sich hat, schmücken die seelenlosen Kopfsteinpflaster.
Der Regen peitscht mir immerzu ins Gesicht und durchtränkt meine nigelnagelneue Jacke, die ich doch am Vortag noch feinsäuberlich an der Garderobe abgegeben hatte, um sie präventiv von jeglichen Witterungen fernzuhalten. Wie auch immer, ich warte auf den Bus. Der schon bald anrückt, um meinen Fahrschein zu sehen und mich mit trostlosem Blick hereinzubitten.
Nun sitze ich da und beobachte schlaftrunken die anderen Gäste, die ihre Party schlichtweg ins trockene Fahrgestell verlegt haben. Mir werden Tablettenschieber und Asthma-Sprays unter die Nase gehalten, die ich mit verzerrter Stimme immer wieder von mir schiebe.
Meine Kirschlikör-Freunde sind auch da, sie schreien belustigt „Hier müssen wir raus, Endhaltestelle!“ Ich stehe auf und springe in die Luft, meine Oma steht schon vorm Bus. Sie empfängt mich mit einem vertrauten Lächeln und klopft mir verzückt auf die Schultern.
Ich blicke ihr glücklich ins Gesicht und kuschle mich in ihre widerstandslosen Arme, bis sie mich in eine warme, schwere Decke einhüllt, die mich nicht mehr sehen, aber insgeheim wissen lässt, das die 13 schon längst gekommen ist.
Happy New Year!
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Es ist schon viele, viele und noch mehr Jahre her, meine Nichte war noch ein liebes, kleines Mädchen, voller Fragen und begierig darauf, Geschichten zu hören. Sie übernachtete hin und wieder bei mir und am Abend las ich ihr zum Einschlafen Märchen vor. Eines Abends wollte sie aber kein Märchen vorgelesen bekommen – sie hatte eine Frage auf dem Herzen, die ihr sehr wichtig erschien : „Wo kommen eigentlich die Elfen her?“ Sie liebte Elfen und Geschichten über Elfen und Zauberer und alles was so kleine Mädchen eben gern hören um danach in ihren Träumen in dieser wundervollen Welt zu leben. Tja, das war sicher eine sehr gute Frage – aber woher zum Teufel sollte ich wissen wo Wesen herkommen, von denen ich ja nunmal ganz genau wusste, dass es sie nicht gibt? Ich war nie besonders gut darin, mir Geschichten auszudenken, aber an diesem Abend war ich gefordert und da es meiner Nichte so viel bedeutete, versuchte ich mir eine Geschichte auszudenken. Ich erzählte ihr also eine wilde Geschichte über einen Zauberer und Wunderrosen und fand eine akzeptable Erklärung dazu, woher die Elfen kommen. Meine Nichte schlief glücklich und zufrieden ein, ihre Frage war beantwortet und ich befasste mich mit anderen Dingen.
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