Jan Böhmermann „auf dem Weg in den Showolymp“

 

Einst vertrieb sich der große blasse Junge als Nischen-Journalist bei Die Norddeutsche seine Zeit, um recht schnell festzustellen, das er wohl eher zum polarisierenden Spaßmacher der Fernsehindustrie auserkoren schien, statt längst hinfällige Recherchen zu betreiben, mit welchen sich heutzutage kaum noch jemand befassen mag.

Somit wechselte er als schlecht ausgeleuchteter Moderator zu Radio Bremen und erhielt nur ein paar Anläufe darauf seine eigene Unterhaltungsreihe „Lukas´ Tagebuch“, mit der die erste Klageschrift bei ihm (oder vielmehr noch ins Hause des konventionellen Westdeutschen Rundfunks) herein flatterte. Dumm gelaufen, könnte man meinen, doch bei genauerem Hinsehen wird klar, Jan Böhmermann gelingt es sogar aus Markus Lanz die intimsten Wünsche zu prügeln ohne impulsive Jiu Tsu-Meisterschaften auf der Bühne austragen zu müssen.

Dank seines satirischen Daseins, dass er als sein Alter Ego Rüdiger Alt in der Sendung Harald Schmidts auf dem Ersten zum Besten gab, stellt sich die Theorie heraus: Jan Böhmermann ist ein Feuerwerk, welches bei halbherzigem Anzünden vermutlich Schaden anrichten könnte. Eben jene Annahme hat er schon auf vielen Ebenen und (Radio-)Sendern zur imaginären Showeinlage werden lassen.

Mit Sack und Klaas Heufer-Umlauf im Gepäck begann eine Reise durch Deutschland, wo sie hier und dort ihre Lesung „Zwei alte Hasen erzählen von früher“ in den verschiedensten Kaschemmen mit Live-Sexappeal servierten. Eine Art Tristan und Isolde-Farce des modernen Theaters. Auch die radioeins-Show „Sanft und Sorgfältig“, die er mit Olli Schulz ins Leben rief, ließ immer eine gewisse Erotik in den Ohren der Hörer erklingen (also wenn nicht bei mir, bei wem dann?).

Doch spätestens mit Roche & Böhmermann schien das sexy Abendprogramm im ZDF Neo gesichert, denn die „Talkshow ganz im Stil des frühen Fernsehens, nur neu gemacht“, in der Charlotte Roche und Jan Böhmermann rein investigativen Journalismus nach strengstem Konzept befolgten, schuf zumindest zu Beginn auf dem jugendlich ausgerichteten Sender rege Anteilnahme, sogar bei dem Publikum. Dennoch gelang der eigens von Studenten produzierten Sendung nie der Durchbruch. Auch mit Jan Böhmermann nicht, was mich kurze Zeit traurig stimmte (an dieser Stelle folgt ein Schweigeminute).

Ab heute jedoch folgt er dem Weg in den Showolymp. Der große blasse Junge von nebenan hat diese einzigartige Inselbegabung (Anm. der Redaktion), die ganz neue Dimensionen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen schafft. Einer gegen alle, auf allen Ebenen und Kanälen. Gegen Tote Hosen-Sänger Campino, gegen Rapper wie Bushido und Haftbefehl, gegen die Pegida-Anhänger oder den Bild-Chefredakteur Kai Diekmann. Böhmermann gegen den Rest der Welt. Moment, es gib Ausnahmen – Das schöne Publikum und der überaus coole Shiny Floor.

Das ZDF braucht Böhmermann, um sich jung zu machen. Denn zugegebenermaßen hat es das bei Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf verpasst, Pro Sieben dankt!  Wiederum mischt  Jan Böhmermann die Karten neu und bringt Jung und Alt am Pokertisch zusammen. Und um den Fullhouse smart ausspielen zu können, hat er den Sprachwissenschaftler William Cohn als seine alte Liebe und das Eins Zwo Rap-Urgestein Dendemann als seinen neuen Geliebten auf dem Zweiten mitgebracht. Das NEO Magazin Royale, ein credibiler Spaß mit Pop- und Pornokram. Jetzt neu im ZDF!

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